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Die Wandbilder im Schloss Klink von Max Liebermann
Auszüge aus: Eberle, Matthias "Max Liebermann", 1847-1935, Werkverzeichnis der Gemälde und Ölstudien, Band I 1865-1899, München 1995
1898/30-34 Die Wandbilder im Schloß Klink
Aus Briefstellen wissen wir, daß der Auftrag an Liebermann, Wandbilder für das Schloß des Gutsbesitzers Arthur Schnitzler in Klink in Mecklenburg zu schaffen, nicht vor dem Dezember 1987 erteilt worden sein kann. So schrieb Liebermann an Wilhelm Bode in Berlin 12. Dez. 1897:"Da erscheint heut ganz früh Grisebach mit den Plänen 1:10 gezeichnet. Fr. Schnitzler wäre gestern bei ihm gewesen, ganz und gar von der Idee, ein Zimmer von mir dekoriert zu haben, eingenommen. Nur der Pres mache ihm Pein."(Staatliche Museen zu Berlin/Zentralarchiv SMB/ZA, Nachlaß W. v. Bode, 2787). "Grisebach" ist der Architekt Hans Grisebach, der die Pläne für das Schloß im Stile der französischen Frührenaissance entworfen hatte und auch Liebermanns Dachatelier auf dem Hause am Pariser Platz bauen sollte (siehe dazu:"Schloss Klink bei Waren in Mecklenburg. Architekten: Grisebach und Dinklage in Berlin", in: Deutsche Bauzeitung, Jg. XXXVII, Nr. 51, 27.6.1903, S. 325-332; Nr. 52, S. 335; Nr. 53, S. 338f.). In einem anderen, leder undatierten Brief an Bode, der aber nicht sehr viel später geschrieben worden sein kann, heißt es:"In aller Eile die frohe Botschaft, daß Herr Schnitzler der eben bei mir war, den Auftrag erteilt hat. Meine Skizzen haben ihm so gefallen, daß er nicht wieder stehn konnte. Er wird morgen zu Ihnen kommen, um sie Ihnen vorzulegen: finden Sie sie nur auch so schön! Jedenfalls sage ich Ihnen meinen wärmsten Dank für Ihre Unterstützung. Ich freue mich riesig darauf, einmal machen zu können, was ich mir mein Leben lang gewünscht habe. (...) Übrigens hat sich H. S. sehr nobel gezeigt u. nicht gehandelt; ich habe allerdings auch nur den minimalen Preis von 1000 M verlangt." (wie oben, Nachlaß v. Bode, S. 2787). Im März 1898 schließlich teilt Liebermann Albert Kollmann in Lübeck mit: Ich bin augenblicklich mit einem riesigen Dekorations-Auftrage beschäftigt für einen Saal eines Schlosses, das sich einer der reichsten hierlebenden Rheinländer in Mecklenburg baut. Ob ich damit zu Stande (Rande?) komme, wird die Zukunft lehren, jedenfalls interessiert mich die Sache ungeheuer".
Fest steht damit, daß Liebermann im März 1898 große Bilder in Arbeit hatte, und zwar für das Damenzimmer im Erdgeschoß des Schlosses Klink bei Waren in Mecklenburg, das an der Nordspitze der Müritz liegt. Hancke berichtet zur Vorgeschichte diese Auftrages, die Entwürfe für die Wanddekorationen seien ursprünglich für einen Wettbewerb "zur Ausschmückung eines Saales im Altonaer Rathaus" gemalt worden. "Diese erhielten zwar den Preis nicht - er fiel Dettmann zu - , erwarben sich aber die Bewunderung Tschudis, der den Entschluß der Jury so bedauerlich fand, daß er sich bemühte, ihn auf anderem Wege wieder gut zu machen. Durch seine Vermittlung ward Liebermann von der Familie Schnitzler der Auftrag, seine Komposition für einen Saal ihres in Mecklenburg gelegenen Schlosses zu ergänzen und auszuführen." (Hancke, S. 371 f.).
Der Zyklus für Schloß Klink weist zu den Entwürfen für Altona einige charakteristische Unterschiede auf. Die Maße der Zeichnungen belegen, ebenso wie der Grundriß des Schlosses, daß es sich bei dem Damenzimmer um einen quadratischen Raum gehandelt hat. Nach Osten, auf der Fensterseite, schob sich ein Erker auf die Terrasse zum See, die breiten Türen in den Seitenwänden führten rechter Hand in den Speisesaal, links in den Salon, in der Rückwand öffnet sich eine schmale Tür zur Eingangshalle. Die Größe und die Position der ausgesparten rechteckigen Öffnungen zeigen an, daß "Sommer" und "Herbst" für die Wände mit breiten Durchgangstüren bestimmt waren, und zwar zierte der "Sommer" die Trennwand zum Salon, der "Herbst" die zum Speisesaal. Der "Winter" war für eine Wand mit schmaler Tür bestimmt, der "Frühling" schließlich für eine Fensterwand vorgesehen. Für den "Sommer" (1898/32) in Klink wählte Liebermann die Schafhirtin, dasselbe Motiv wie im Mittelteil des Altonaer "Frühling" (1898/26), die stillende Mutter und der heimkehrende Arbeiter aus den Seitenfeldern jenes Triptychons bilden dagegen, vermehrt um einen die Kühe hütenden Jungen, in Klink den "Frühling" (1898/30-31). Der pflügende Bauer im "Herbst" (1898/28) zieht hier im Gegensinn, von links nach rechts über den Acker, die Komposition für den "Winter" ist nur in Details geändert. Eine zweite Aussparung im Winterbild, links von der Mitte, läßt an den Platz für den Ofen denken.
Die Reihenfolge ist für Altona vergleichbar: An der hellen Fensterwand nach Osten erscheint der "Frühling", gegenüber im Westen, dort wo der Ofen steht, der "Winter". Die Szenen dieser beiden Jahreszeiten sind auch hier in eine Waldlandschaft verlegt. An den Seitenwänden, die senkrecht zur Fensterwand stehen und durch die breite Türen in den Salon und das Speisezimmer führen, erscheinen "Sommer" und "Herbst". Die Abfolge der Jahreszeiten wäre dieselbe. Die Binnengliederung einzelner Szenenfolgen nach Lebensalter entfällt, da die Bilder als ganzes die Lebensalter vorstellen. Mutter und Kind stehen für den Frühling, die Heranwachsenden figurieren für den Sommer, der reife Pflüger arbeitet im Herbst, die Alten suchen im Winter die Nähe des Ofens. Daraus ergeben sich im Unterschied zu dem Altonaer Zyklus kleine kompositorische Korrekturen. Der Arbeiter im "Frühling" erscheint nicht als Fluchtpunkt der Erwartung seiner Kinder, sondern als Neben-, als Rückenfigur. Er scheint von der Feldarbeit zu kommen. Die Holzhacker im "Winter" rücken hinter die Alten, die das Erscheinungsbild des Vordergrundes bestimmen, in den Wald zurück.
Von der Innenausstattung des Schlosses ist nichts erhalten geblieben.Auch der Hauptschmuck der Räume, meist ältere Kunstwerke, sowie Kunstwerke der "Modernen" sind nach Kriegsende 'verschollen'. Das betrifft auch die Wandbilder von Max Liebermann aus Berlin. Besonders schade ist es um dessen Zyklus von Wandgemälden im Zimmer der Dame (in den 40er Jahren auch Holländerzimmer genannt), als deren Thema etwa "das Leben des Landmannes in der Natur" bezeichnet werden kann. Gemessen an dem technischen Standard des Gutes (Zentralheizung im Schloss, Wasseranschlüsse in allen Ställen, Schleppschaufelentmistung, Elektrizität aus Windenergie...) erscheinen die dargestellten Lebensformen allerdings etwas veraltet. Nach Erinnerungen von Maria Herzer, Enkelin derer von Schnitzlers, (geb. von Kries – Tochter des Ehepaares Otto und Cornelia von Kries, der späteren Gräfin Blumenthal), war kurz nach Kriegsende ein Wasserrohrbruch in der 1.Etage genau über dem Holländerzimmer (Damenzimmer). Die Soldaten der Kommandantur und Flüchtlinge haben die aufgeweichten Bilder abgerissen und sich mit dem darunter an den Wänden angebrachten Fließ die Füße eingewickelt. Damit war der Bilderzyklus von Liebermann im Damenzimmer von Schloss Klink einem Wasserrorbruch zum Opfer gefallen.